Newsticker Wald

Kabinett verabschiedet Entwurf des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes - Pressemitteilung 157/ 2014

Ministerpräsident Winfried Kretschmann: Konsequente Ausrichtung an gesellschaftlichen Anforderungen wie Tierschutz und Naturschutz sichert Akzeptanz der Jagd

Minister Alexander Bonde: Gesetzentwurf schützt Hunde und Katzen, die bisher zum Abschuss freigegeben sind / Totschlagfallen sollen verboten werden

„Das bisherige Jagdgesetz ist in die Jahre gekommen und erfüllt nicht mehr alle gesellschaftlichen Anforderungen. So sind mittlerweile Naturschutz und Tierschutz als Staatsziele im Grundgesetz verankert worden. Mit unserem Entwurf eines neuen Jagdgesetzes wollen wir diesen Staatszielen gerecht werden und die Akzeptanz der Jagd sichern. Die Landesregierung ist überzeugt, dass das Jagd- und Wildtiermanagementgesetz einen wichtigen Beitrag für eine zeitgemäße Jagd leisten und viele positive Effekte für die Gesellschaft und für die Belange des Tier- und Naturschutzes bringen wird“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Dienstag (30. September) in Stuttgart. Das Kabinett hatte zuvor den Gesetzentwurf für ein Jagd- und Wildtiermanagementgesetz gebilligt und diesen dem Landtag zur parlamentarischen Beratung zugeleitet.

 

Schutz von Haustieren / Verbot von Totschlagfallen
„Die Jagd ist ein sehr emotionales Thema, bei dem die Positionen der verschiedenen Interessensgruppen naturgemäß weit auseinanderliegen. Nach dem Grundgesetz, der Landesverfassung und dem deutschen Tierschutzgesetz muss klar sein: Tiere dürfen nicht gequält und nicht ohne vernünftigen Grund getötet werden. Totschlagfallen dürfen zukünftig nicht mehr verwendet werden, weil sie dazu führen können, dass Tiere stundenlangen Qualen ausgesetzt sind. Der Gesetzentwurf, der jetzt vorliegt, schützt auch Hunde und Katzen, die nach dem geltenden Jagdgesetz noch zum Abschuss freigegeben sind“, sagte Minister Alexander Bonde.

Schalenmodell stärkt Zusammenarbeit von Jagd und Naturschutz
Das von der Jägerschaft mitgetragene innovative Schalenmodell sei Ergebnis einer Diskussion über den vernünftigen Grund für die Bejagung bestimmter Tierarten, sagte der Minister weiter. „Das Schalenmodell stellt für die Tierarten im Nutzungs- und Entwicklungsmanagement den vernünftigen Grund für die Bejagung im Sinne des Tierschutzrechts heraus und hebt damit die Bedeutung der Jagd für diese Tierarten hervor. Die Arten im Schutzmanagement dürfen nicht bejagt werden – hier würdigt das Schalenmodell klar die Hege, also die Pflege und den Schutz von Lebensräumen und Tieren, als wichtige gesellschaftliche Aufgabe der Jägerinnen und Jäger und ihren Beitrag zum Wildtiermanagement“, so Bonde. Die nach Bundesnaturschutzgesetz streng geschützten Arten dürften nicht gejagt werden und stünden unabhängig von ihrer Erwähnung im Jagdrecht in der Zuständigkeit der Naturschutzbehörden.

 

Neue Fütterungsregeln
Mit der Weiterentwicklung des Jagdrechts berücksichtige die Landesregierung Erkenntnisse der Wildtierökologie und rechtliche Vorgaben des Tierschutzes, so Ministerpräsident Kretschmann. Dass man dabei zahlreiche vermittelnde Lösungen gewählt habe, zeige sich beispielsweise am Regelungsvorschlag zur Fütterung von Schalenwild. „In der Regel braucht das Wild bei uns keine Fütterung und im Hinblick auf nachteilige Auswirkungen sollte sie daher unterbleiben“, sagte Kretschmann. Im Einzelfall könne die Fütterung notwendig sein. Damit sie aber Sinn mache, müssten die Jägerinnen und Jäger auf lokaler Ebene zusammenarbeiten und den natürlichen Lebensraum des Wildes berücksichtigen.

 

Jagdruhezeiten / Bleifreie Jagd
„Um wissenschaftliche Forschungsergebnisse zur Wildruhe im Wald zu berücksichtigen, sieht der Gesetzentwurf eine allgemeine Jagdruhezeit in der Zeit vom 1. März bis zum 30. April vor. In dieser Zeit kann sich das Wild erholen. Um Wildschweine in dieser Zeit dennoch gezielt bejagen zu können, sind wir der Jägerschaft entgegen gekommen und lassen eine praxistaugliche Ausnahme zu: Auf Feldern und am Waldrand soll Schwarzwild auch in dieser Zeit bejagt werden dürfen – bis auf Elterntiere“, sagte Minister Bonde. Der Gesetzentwurf sehe einen 200 Meter breiten Streifen am Waldrand vor, innerhalb dessen die Bejagung möglich sei. Die Jagd erfolge ab 2016 ausschließlich mit bleifreier Munition. „Im Staatswald darf seit dem Jagdjahr 2014 nur noch bleifrei gejagt werden. Dadurch wird die Belastung der Böden und des Wildbrets mit Blei reduziert – und der Ruf von Wildfleisch als hochwertiges Lebensmittel gestärkt“, so Bonde.

 

Entbürokratisierung nützt Jägern und Kommunen
„Rehwild ist das am meisten gejagte Wild überhaupt. Durch den Wegfall des behördlichen Abschussplans für Rehwild und die Einführung einer revierbezogenen Zielvereinbarung setzen wir ein erfolgreiches Modellprojekt flächendeckend im Land um – und befreien die Landkreise von aufwändigen Verwaltungsverfahren“, sagte Bonde. „Wir vereinfachen außerdem das Prozedere beim Wildschadensersatz, indem wir einen verpflichtenden Verfahrensschritt bei den Gemeinden streichen. Dadurch entlasten wir die Kommunen und werten die außergerichtliche gütliche Einigung auf“, so der Minister.

 

Hintergrundinformationen:
Artikel 20a Grundgesetz: „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“

 

Paragraf 1 (Bundes-)Tierschutzgesetz: „Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.“

 

Artikel 3b der Verfassung des Landes Baden-Württemberg: „Tiere werden als Lebewesen und Mitgeschöpfe im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung geachtet und geschützt.“